15. Bindungsangst und Trauma

Was ist Trauma?

Trauma bezeichnet eine tiefgreifende seelische oder körperliche Verletzung, die durch ein belastendes Ereignis oder eine Reihe von belastenden Erlebnissen verursacht wird. Es entsteht, wenn das Nervensystem eine Bedrohung erfährt, mit der es nicht umgehen kann. Während viele Menschen mit schwierigen Erfahrungen zurechtkommen, kann ein Trauma langfristige Spuren hinterlassen, besonders wenn es nicht verarbeitet wird.

Es gibt verschiedene Arten von Traumata:

  • Akutes Trauma: Ein einzelnes, extrem belastendes Ereignis (z. B. Unfall, plötzlicher Verlust, Missbrauch).

  • Chronisches Trauma: Wiederholte oder anhaltende Belastungen (z. B. langjährige toxische Beziehungen, Vernachlässigung in der Kindheit).

  • Entwicklungstrauma: Trauma, das in frühen Lebensjahren entsteht und die Bindungsfähigkeit nachhaltig beeinflusst.

Ein Trauma kann sich tief im Nervensystem verankern und unser Verhalten, unsere Wahrnehmung und unsere Bindungsmuster beeinflussen.

Trauma aus vorherigen Beziehungen

Nicht nur Kindheitserlebnisse können traumatisch sein – auch vergangene Beziehungen können Narben hinterlassen, die das Bindungsverhalten in der Zukunft beeinflussen.

Wie entsteht Beziehungstrauma?

  • Toxische Partnerschaften: Ständige Manipulation, Gaslighting oder emotionale Vernachlässigung führen dazu, dass das Nervensystem in einem Dauerstresszustand bleibt.

  • Plötzliche oder wiederholte Trennungen: Wer immer wieder abrupt verlassen oder betrogen wurde, entwickelt oft Ängste vor neuer Verletzung.

  • Emotionaler oder körperlicher Missbrauch: Menschen, die in früheren Beziehungen Gewalt oder emotionale Misshandlung erfahren haben, können Schwierigkeiten haben, sich in neuen Beziehungen sicher zu fühlen.

Das Ergebnis: Viele Menschen mit Bindungsangst haben in der Vergangenheit traumatische Erfahrungen gemacht, die sie unbewusst davon abhalten, sich erneut vollständig auf eine Beziehung einzulassen.

Wie beeinflusst Trauma aktuelle Beziehungen und das Leben allgemein?

Wenn ein Trauma nicht verarbeitet wird, beeinflusst es unser gesamtes Leben, insbesondere in Beziehungen. Betroffene neigen dazu, entweder extrem auf Distanz zu gehen oder sich übermäßig an andere zu klammern – beides Schutzmechanismen gegen erneuten Schmerz.

Folgen auf aktuelle Beziehungen:

  1. Bindungsangst oder Verlustangst – Wer ein Trauma erlebt hat, kann unbewusst Angst vor emotionaler Nähe entwickeln (vermeidender Bindungsstil) oder sich extrem an den Partner klammern (ängstlicher Bindungsstil).

  2. Dauerhafte Misstrauen und Hypervigilanz – Betroffene sind überwachsam und scannen jede Handlung des Partners auf mögliche Anzeichen von Zurückweisung oder Manipulation.

  3. Schwierigkeiten mit Intimität und Vertrauen – Menschen mit Beziehungstrauma haben oft Probleme, sich emotional oder körperlich fallen zu lassen.

  4. Selbsterfüllende Prophezeiungen – Wer ständig Angst vor Zurückweisung hat, verhält sich oft so, dass der Partner tatsächlich auf Distanz geht.

Folgen im allgemeinen Leben:

  • Chronischer Stress und Angststörungen: Das Nervensystem bleibt in Alarmbereitschaft.

  • Schwierigkeiten mit Selbstwertgefühl: Traumatisierte Menschen fühlen sich oft wertlos oder unfähig, geliebt zu werden.

  • Körperliche Symptome: Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, Muskelschmerzen und chronische Erschöpfung sind häufig.

Wie setzt sich Trauma im Körper fest?

Trauma ist nicht nur eine emotionale oder psychische Erfahrung – es setzt sich auch im Körper fest. Unverarbeitetes Trauma lässt das Nervensystem in einem dauerhaften Kampf- oder Fluchtmodus verharren.

Typische körperliche Reaktionen auf Trauma:

  • Erhöhte Muskelspannung: Der Körper bleibt in Alarmbereitschaft.

  • Chronische Schmerzen: Besonders im Nacken, Rücken und Magen.

  • Atemprobleme: Flache oder unregelmäßige Atmung.

  • Verdauungsprobleme: Trauma beeinflusst das vegetative Nervensystem und kann Magen-Darm-Probleme verursachen.

Warnsignale eines ungelösten Traumas

Wie erkennst du, ob ein vergangenes Trauma dein Leben noch beeinflusst? Hier sind einige Anzeichen:

  • Wiederkehrende Flashbacks oder Albträume

  • Emotionale Taubheit oder das Gefühl, nicht wirklich anwesend zu sein (Dissoziation)

  • Starke emotionale Reaktionen auf scheinbar harmlose Situationen

  • Schwierigkeiten, Grenzen zu setzen oder Vertrauen aufzubauen

  • Ständige Selbstzweifel oder Angst vor Ablehnung

Fazit: Wege zur Heilung

Trauma beeinflusst nicht nur unsere Psyche, sondern auch unseren Körper und unsere Beziehungen. Doch es gibt Wege, die Wunden der Vergangenheit zu heilen:

  1. Therapie oder Coaching – Traumatherapie, EMDR oder körperorientierte Verfahren können helfen.

  2. Achtsamkeit und Meditation – Lernen, den Körper wahrzunehmen und Stress abzubauen.

  3. Gesunde Beziehungen aufbauen – Sich bewusst mit sicheren, unterstützenden Menschen umgeben.

  4. Selbstmitgefühl entwickeln – Erkennen, dass Heilung Zeit braucht und man sich selbst gegenüber nachsichtig sein darf.

Trauma muss kein lebenslanges Urteil sein. Mit der richtigen Unterstützung und Selbstreflexion kann Heilung stattfinden, sodass tiefere, gesunde Verbindungen wieder möglich werden.

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16. Bindungsangst und Dopamin

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14. Hypervigilanz und Bindungsangst: Warum du ständig auf der Hut bist